Freitag, 30. Dezember 2011

Aufsatzsammlung: LARP und Ich

Warum glauben wir, dass fette Elfen schlechte Spieler sind? Welchen Reiz üben extreme Rollenspielerfahrungen auf die Teilnehmer aus? Und was können Plotschreiber von Joseph Campbells Der Held mit den tausend Gesichtern lernen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen sich die Autoren der Aufsatzsammlung zum MittelPunkt 2012. Die sechs Beiträge handeln von unserem Verhältnis zu LARP und anderen LARPern, von uns als Helden und Autoren sowie davon, was wir im LARP lernen und erleben können.

In seinem Essay Jedem sein LARP setzt sich Christian Mayer mit der Vielschichtigkeit des Hobbys Live-Rollenspiel auseinander. Er beschreibt, warum LARP nahezu jedem Interessierten eine „Heimat“ bieten kann und weshalb man nicht erwarten sollte, dass jeder Teilnehmer über das gleiche Spielverständnis verfügt wie man selbst. Denn wenn wir die Andersartigkeit akzeptieren, reagieren wir nach seiner Erfahrung viel gelassener und entspannter, wenn auf Live-Rollenspielen unterschiedliche Spielphilosophien aufeinandertreffen.

Und wenn das mit der Gelassenheit nicht klappt? Wer hat sich nicht schon mal über Mitspieler geärgert, die ihre Rollen nicht so darstellen, wie man sich das gewünscht oder gar erwartet hätte? In Warum wir glauben, dass fette Elfen schlechte Spieler sind geht Carl David Habbe der Frage nach, woher unser Ärger und unsere Unzufriedenheit aufgrund von „falsch“ gewählten oder dargestellten Konzepten Anderer kommt. Er zeigt, in Anlehnung an Theorien aus der Genderforschung, Mechanismen auf, die zum Tragen kommen, wenn wir unser imaginäres Weltbild bedroht fühlen. Dabei erfahren wir unter anderem, vor welchen Problemen geschlechtslose Tentakelmonster in sozialen Netzwerken stehen, welche Macht der Live-Rollenspiel-Diskur hat und warum Normen und Ideale auch in phantastischen Welten alles andere als unveränderlich sind.

Passend dazu zeigt Rafael Bienia in How to become a god auf, dass auch sogenannte Fanfiktion ein schöpferisch, kreativer Prozess ist. Er ermutigt Fans auf augenzwinkernde Weise dazu, auf Basis ihrer Vorbilder nicht nur zu Schöpfern und Göttern ihrer eigenen, imaginären Welten zu werden, sondern ihre Schöpfungen auch selbstbewusst zu präsentieren.

Auch der nächste Artikel dreht sich um das Schreiben von Geschichten: Bereits Ende der 1940 beschrieb Joseph Campbell das Konzept des „Helden mit den tausend Gesichtern“. Dabei handelt es sich um eine Art mythologischer Erzählstruktur, die den Heldengeschichten vieler Kulturen überall auf der Welt zu Grunde liegt und die von Geschichtenerzähler und Drehbuchautoren genutzt wird, um dramatische, kraftvolle Geschichten zu erzählen. Wie sich diese Struktur auch im Live-Rollenspiel verwenden lässt und welchen Nutzen Plotschreiber daraus ziehen können, zeigt Nathan Hook in Das LARP mit den tausend Gesichtern.

Klaus Peill betrachtet in Live-Rollenspiel und Rollenstellen als Selbsterfahrung verschiedener Persönlichkeitsanteile das LARP unter dem Aspekt praktischer und spielerischer Selbsterfahrung. Dabei will er Möglichkeiten der Bewusstwerdung und Stärkung der Persönlichkeit aufzeigen. Aus seiner Sicht ermöglicht es den Teilnehmern im geschützten Rahmen des fiktiven Plots bewusste und unbewusste Bedürfnisse zu erproben, ohne dafür Konsequenzen erleiden zu müssen. Es könne von alten Verhaltensmustern und Blockaden befreien, da neue Verhaltensweisen und Aktionen stressfrei ausprobiert werden können.

Alles andere als stressfrei sind dagegen die Spiele, mit denen sich Markus Montola in seinem Artikel Positive Negativ-Erfahrungen im Extrem-Rollenspiel beschäftigt. Er geht der Frage nach, warum Menschen freiwillig an Rollenspielen teilnehmen, die nicht nur keinen Spaß machen, sondern bewusst negative Emotionen hervorrufen sollen. Anhand von strukturierten Interviews mit Teilnehmern solcher Spiele, versucht er dem Reiz derartiger Grenzerfahrungen nachzuspüren, die, ähnlich wie Extremsportarten oder Bungee-Jumping, physiologische Stressreaktionen mit Belohnungskick hervorrufen können.

Die 104seitige Aufsatzsammlung erscheint anlässlich des MittelPunkts 2012 am 13. Januar 2012. Teilnehmer der Veranstaltung erhalten ein kostenloses Exemplar, das Buch kann aber auch ab Anfang Januar unter www.zauberfeder-shop.de zum Preis von 9,90 Euro vorbestellt werden.

1 Kommentar:

  1. Hatte das auch mal in der Hand, fand ich ganz interessant zu lesen, auch wenn ich einige Meinungen nicht unbedingt teile, aber ist schon lesenswert :-)

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